Haus Freudenberg
IV. GRUNDSTÜCK
FREUDENBERG
Das von den Brüdern Freudenberg erworbene Grundstück liegt nord-westlich der
Potsdamer Chaussee, von der es durch einen etwa 40 Meter breiten Kiefernhain
getrennt wurde. Diese Ausrichtung des Grundstücks bedingt, dass die
"Sonnenseite des Hauses zur Potsdamer Chaussee hingewandt liegt, während die
hochattraktive Aussicht zum Nikolassee im Norden zu finden ist.
Der See selbst befindet sich etwa zehn Meter unterhalb des Plateaus, auf dem das
Haus Freudenberg erbaut wurde. Die größte Tiefe des Grundstücks beträgt ca. 200
m, während die Breite bei ca. 95 m liegt. Diese Schmalseite des Grundstücks
läuft entlang der Potsdamer Chaussee.
Pergola als Blickachse; Tiefgarten
Die
Konzeption sah auf dem Gelände die Bauplätze der Häuser der Brüder Freudenberg,
sowie auch ein zwischen beiden Gebäuden vermittelnden Blumengarten und Pergola
vor. Dies sollte einen späteren Blickkontakt zwischen den einzelnen Häusern der
Freudenbergs ermöglichen, ebenso gehörten ein Teehaus, ein Pförtnerhaus (zur
Potsdamer Chaussee gelegen, mit Automobilremise) sowie ein Tennisplatz zur
Planung.
Der
Garten selbst gliederte sich in den sanft abfallenden Hang, der naturbelassen
blieb, den Tiefgarten unterhalb des Blumengartens, die seeseitigen Terrassen,
den Rosengarten und eine ausgedehnte Rasenfläche.
Auf
die Formensprache wird später noch eingegangen.
Diese
ländliche Situation des Grundstückes ist heute nur noch zum Teil erhalten.
Während der Garten zum größten Teil noch vorhanden ist und auch unter
Denkmalschutz steht, ist im Bereich zur Potsdamer Chaussee in den siebziger
Jahren eine zusätzliche Bebauung auf dem Grundstück angeordnet worden. Diese
Apartmenthausbebauung (Arch. A. Hunnecke) unterlag leider dem damaligen
"Zeitgeist und kann aus heutiger Sicht kaum als gelungen bezeichnet werden.
Lediglich die Fassade aus holländischen Klinkern mildert diesen Eindruck auf ein
noch gerade zu ertragendes Maß ab!
Ebenso ist durch die in der unmittelbaren Nähe des Grundstückes gebaute
Schnellstraße und einen dazugehörigen Verkehrsknotenpunkt eine ständige
Geräuschbelästigung vorhanden. Glücklicherweise ist die bauliche Situation des
Gartenbereiches zu den Rehwiesen auch heute noch erheblich befriedigender.
V. FAMILIE FREUDENBERG
UND IHRE BEDÜRFNISSE
Die
gesellschaftlich hohe Position der Familie Freudenberg, der dazugehörige
anspruchsvolle Lebenswandel, wie auch die für damalige Zeiten ungewöhnlichen und
intellektuellen Anschauungen, stellten Hermann Muthesius vor die Aufgabe, ein
Haus zu entwerfen, das einerseits gesellschaftlichen Verpflichtungen gerecht
werden musste, andererseits aber auch die persönlichen Bedürfnisse der
Freudenbergs decken sollte.
Wintergarten
Halle mit edlem Holz-Interieur
Detail der Halle
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Diese Bedürfnisse aber verlangten eine Abkehr von den konventionellen
hoch-repräsentativen Formensprachen der damaligen Oberschicht.
So
ist abweichend von den damals üblichen Vorstellungen schon in die Planung
miteingeflossen, dass die viele Freunde der Freudenbergs auch über mehrere Tage
im Hause logieren können sollten. Demgegenüber war aber kein Bedürfnis nach
großen (offiziellen) Gesellschaften und Festen vorhanden. Ein Beleg für die
überdurchschnittlich intellektuellen Anforderungen an den Architekten ist, dass
die Freudenbergs großen Wert darauf legten, dass z.B. bei musikalischen Abenden
im Hause das Publikum einen Abstand zu den Musizierenden einhielt, was auch eine
angenehme Lautstärke für die Zuhörer zur Folge hatte.
Ebenso legte Herr Freudenberg großen Wert darauf, dass seine Gemäldesammlung in
ansprechender Weise zur Geltung kam. Ausreichende Wandflächen z.B. im
Empfangszimmer waren hierfür die Voraussetzung. Das Haus musste wie erwähnt
Platz für länger verweilende Freunde bieten und ebenso ausreichende
Rückzugsmöglichkeiten vorhalten. Das Familienleben hatte bei den Freudenbergs
einen hohen Stellenwert. Dies schlug sich unter anderem in einer großzügigen
Planung der den Kindern zugedachten Bereiche nieder.
Das
Bewusstsein der eigenen gesellschaftlichen Stellung findet lediglich Ausdruck in
der Gestaltung der Auffahrt, die der Straße zugewandt ist und sich auf
traditionelle Formensprache beruft.
Diese
Vielzahl von Einflüssen wirkte sich direkt auf Form und Gestaltung der
Grundrisse aus.
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VI. GRUNDFORM
Gartenplanung und Erschließung:
Ein
Blick auf den Lage- und Gartenplan zeigt eine für das Haus Freudenberg
attraktive Positionierung, die sich jedoch, was den offenen Blick angeht, auf
den nordwestlichen Teil des Grundstückes zu den Rehwiesen beschränkt. Das
Gebäude liegt als zentraler Punkt am Ende der axial auf das Haus zu- führenden
Allee. Der linke und der rechte Flügel des Hauses bilden zusammen mit den
Rosengärten einen Vorhof. Dieser Vorhof könnte als moderne Interpretation des
Ehrenhofes der barocken Schlossanlage gesehen werden, da in diesem Bereich eine
strenge symmetrische Anordnung der einzelnen raumbildenden Elemente vorgenommen
worden ist. Die zentrale Allee ist als Ausdruck der gesellschaftlichen Stellung
zu sehen, da auch hier der Besucher wie im Barock dem Haus nur langsam näher
kommt und über eine Zentralachse geführt wird. Ebenso ist der Baukörper des
Gebäudes selbst eine Anleihe typischer englischer Landhäuser und nimmt doch
auch über die Symmetrie Bezug zum Barock. Jedoch ist diese Symmetrie durch
hervorstehende Erker und Anbauten sowie eine nichtsymmetrische Fensteraufteilung
gemildert, bzw. abgeschwächt worden.
Der Rest des Gartens nimmt den Richtungswechsel des Hanges zu
den Rehwiesen auf. So fügen sich Rasen, Blumen- und Tiefgarten im 45 ° Winkel an
den nördlichen Flügel des Hauses. Eine Pergola, als Bindeglied zwischen den
beiden Häusern Freudenberg gedacht, ist oberhalb des Tiefgartens positioniert
und gibt den Blick frei auf die Rehwiesen. Die unteren Hangbereiche zu den
Rehwiesen sind naturbelassen gestaltet worden und bilden so einen sanfteren
Übergang von gestaltetem Garten zur Natur der Umgebung. Ein Tennisplatz, der
den sportlichen Aktivitäten diente, wurde im Kiefernhain platziert. Das zum Haus
gehörige Pförtner- und Chauffeurhaus liegt fast direkt an der Potsdamer
Chaussee, einen großen Abstand zum Hauptgebäude wahrend. |
Lage- und Gartenplan |
Ein Teehaus wurde am äußersten Nordzipfel des Grundstückes
gebaut, um den von dort einzigartigen Blick über die Landschaft zu genießen.
Diese exponierte Lage des Teehauses schaffte einerseits Intimität und
andererseits einen Schutz vor ungebetenen Störungen (z.B. durch Anrufe, etc.,
die im Haupthaus auflaufen konnten).
Insgesamt verweist die gesamte Anlage in Gestalt und
Formgebung stark auf die englische Gartenbaukunst des gehobenen Bürgertums und
deren Landhäusern, mit der sich Muthesius eingehend beschäftigt hat.
Teil 3
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