Bikur hatizmoret / The Band’s Visit:
Die Band von nebenanAuf einem
schicken neuen Flughafen, irgendwo in Israel ist ein achtköpfiges ägyptisches
Polizeiorchester gelandet. Wie sie da stehen, in ihren korrekten, hellblauen
Galauniformen – ebenso stolz, wie schüchtern – wirken sie wie verloren in einem
fremden Land. Die hebräische Schrift kann keiner von ihnen entziffern.
Wo ist bloß das Empfangskomitee? Sollten die Musiker nicht aufspielen bei der
Eröffnung des arabischen Kulturzentrums in Petah Tikva? Das Schicksal scheint es
nicht besonders gut mit ihnen zu meinen.
Tewfiq Zakaria, der Leiter des Orchesters, ringt sich zu einem Anruf bei der
ägyptischen Botschaft durch, die ihn aber ziemlich unhöflich in der
Warteschleife ‚verhungern’ lässt. Khaled, der jüngste der seltsamen Reisegruppe
wird schließlich losgeschickt, die notwendigen Bus-Tickets zu beschaffen. Kurz
darauf sitzen die Männer in einem Bus, um sich auf eigene Faust zum Ort ihres
Auftritts durchzuschlagen.
Kinostart: 31. Januar 2008
Irgendwo in der Wüste. Das Orchester steigt aus. Das hier soll
Petah Tikva sein? Am Horizont: eine Ansammlung eintöniger Wohnblöcke. Mit ihren
Rollkoffern und den Musikinstrumenten machen sich die acht Uniformierten auf den
Weg in den Ort. Sie kommen an einem kleinen Bistro vorbei. Itzik, ein
arbeitsloser Stammgast, ruft nach Dina, der Besitzerin.
Wie sie einander gegenüberstehen, Dina und Tewfiq, bilden sie einen seltsamen
Kontrast: Der ägyptische ‚General’ mit seinem akkurat gestutzten Schnurrbart und
die selbstbewusste Frau aus Israel in körperbetonten Jeans und mit nur lose
zugeknöpfter, knapp sitzender Jacke. Tewfik verbirgt seine Unsicherheit hinter
formellen Sätzen und militärischer Haltung: Das Arabische Kulturzentrum sucht
er. Dina versichert ihm, dass es hier im Ort weder ein arabisches Kulturzentrum
gebe, noch ein israelisches, noch überhaupt irgendwelche Kultur. Tewfiq zeigt
ein Schreiben mit der Einladung aus Petah Tikva. Dina klärt ihn auf, dass hier
aber Bet Hatikva sei und nicht Petah Tikva.
Tewfiq ist rechtschaffen wütend. Am liebsten würde er den jungen Khaled auf der
Stelle nach Hause schicken, denn schließlich hat er ja dieses Missgeschick
verbockt, als er leichtsinnig mit dem Schalterfräulein am Flughafen geflirtet
hat, statt seine Mission ernst zu nehmen.
Nur der Vermittlung Simons, des Adjutanten von Tewfiq, ist es zu danken, dass
die beiden Männer nicht aufeinander losgehen. Eigentlich sind alle ziemlich
genervt und vor allem hungrig. Wie wäre es wenn man versuchen würde, in dem
Bistro…
Wenig später sitzt jeder der acht Männer vor einem Teller mit Suppe. An der Wand
des Lokals hängen Bilder aus der Geschichte Israels. Einer der Musiker möchte
sich den Appetit nicht durch den Anblick eines Panzers aus dem Sechs-Tage-Krieg
verderben lassen. Er hängt kurzerhand seine Mütze über die historische
Fotografie.
Dina ist patent und unkompliziert, vital und herzlich, wenig beeindruckt von
politischen Maßregeln und schon gar nicht von Vorurteilen. Sie setzt sich zu
Tewfiq, den sie als General anspricht. Heute gebe es keinen Bus mehr nach Petah
Tikva. Und ein Hotel? Hier im Ort? Keine Spur.
Für sie ist klar, dass man diese verloren gegangene Kappelle nicht einfach in
die Wüste schicken kann – eine Frage des Anstands und der Nachbarschaftshilfe:
Drei Männer sollen bei Itzik und seiner Familie nächtigen, drei weitere werden
provisorisch im Bistro untergebracht und zwei können in ihrer Wohnung logieren.
So selbstverständlich wie es für Dina ist, dieses Angebot zu machen, so fraglos
ist es für Tewfiq, es abzulehnen. Vorerst zumindest.
Dina aber weiß, wie sie den 'General' zu nehmen hat: Bet Hatikva würde sich
geehrt fühlen, wenn das berühmte Orchester hier nächtigen würde. Vor dieser
Charme-Attacke kann Tewfiq nur kapitulieren. Er hält seinen Männern eine
förmliche Rede und erinnert sie daran, dass sie ihr Heimatland repräsentieren.
Zur Sicherheit nimmt er den übermütigen Khaled unter seine Obhut, beide folgen
Dina in ihre Wohnung. Die Nachbarin steckt ihren Kopf zur Tür hinaus, sie
wittert nächtlichen Männerbesuch. In der kleinen Kammer mit dem Gästebett räumt
Dina noch schnell etwas Wäsche weg, hier hat schon lange keiner mehr geschlafen.
Tewfiq, der mit Dinas lasziver Art nichts anfangen kann, geht eher zögerlich auf
ihre Einladung zum Abendessen ein. Bald aber entwickelt sich doch eine seltsam
vertraute Kommunikation zwischen den beiden. Ein warmes Verständnis stellt sich
ein, wozu ihrer beider Liebe zur Musik ebenso gehört, wie Dinas Kopfschütteln
über Tewfiqs Begeisterung fürs Angeln und der Respekt gegenüber dunklen
Erinnerungen aus der Vergangenheit, die Zeit brauchen, um ausgesprochen werden
zu können.
Khaled begleitet unterdessen den schüchternen Papi, der in Dinas Küche arbeitet,
in eine Rollschuhdisko, und hilft ihm dabei, erste Kontakte zu Mädchen zu
knüpfen.
Bei Itzik gibt es richtig Stress. Seine Frau hat an diesem Tag Geburtstag und
empfindet die unerwarteten Gäste eher als störend. Im Kinderzimmer der Familie
führen Itzik und Simon ein melancholisches Gespräch über die Schwierigkeiten der
Liebe und der Musik. Später in der Nacht wird bei Simon dann endlich der Knoten
platzen, und das Ende des Concertos, an dem er seit Jahren herumlaboriert,
ergibt sich auf einmal wie von selbst.
Irgendwann kehrt auch Khaled wieder zurück in Dinas Wohnung. Der ‚General’ ist
gerade dabei, sich von der beeindruckenden Gastgeberin zu verabschieden. Keiner
weiß eigentlich wie, aber plötzlich kommt das nächtliche Gespräch der drei auf
das Musikstück „Funny Valentine“. Es ist das erste Mal, dass der aufmüpfige
Charmeur und der steife Orchesterchef so etwas wie Zuneigung füreinander
empfinden. Als Tewfiq sich endgültig zurückzieht, legt er Khaled liebevoll die
Hand auf die Schulter. Dina holt eine Flasche Wein. Sie und der junge Musiker
trinken ein letztes Glas zusammen, vielleicht auch noch ein weiteres. Sie
verstehen sich gut.
Anderntags. Frühmorgens haben sich alle vor Dinas Bistro versammelt. Tewfiq
scheint wieder ganz der Alte, seine Verabschiedung fällt ungelenk und förmlich
aus. Doch dann erlaubt er sich ein sachtes, fast verstecktes Winken, das von den
anderen Musikern aufgenommen wird. Besonders lange winkt Khaled. Dann fährt die
Truppe ab.
Zurück bleibt ein einsamer Ort irgendwo in der israelischen Wüste. Vielleicht
aber war dieser Ort für 24 Stunden ein kleines Paradies, als dieses komische
ägyptische Polizeiorchester dort aufgeschlagen ist…
Kinostart in Deutschland:
Die Band von nebenan
Einst, vor nicht allzu langer Zeit, landete eine kleine ägyptische
Polizeikapelle in Israel. Sie waren gekommen, um bei der Eröffnung eines
arabischen Kulturzentrums aufspielen. Doch Bürokratie, Pech oder einfach nur
dumme Zufälle ließen sie bereits am Flughafen stranden...
Bikur haTismoreth:
Regisseur Kolirin über seinen Film
Als ich ein Kind war, schauten wir bei uns zu Hause häufig
ägyptische Filme. Das war in vielen Familien zu Beginn der achtziger Jahre so.
Immer Freitags, am späten Nachmittag fand man sich vor dem Fernseher ein und
wurde mitgerissen von den verwickelten Geschichten, den tragisch-unglücklichen
Liebschaften, dem Herzschmerz von Omar Sharif, Pathen Hamama, I’del Imam und
vielen anderen...
Die Band von nebenan:
Kleine
Gemeinsamkeiten unterschiedlicher Menschen
Interview mit dem Regisseur Eran Kolirin...
Die Band von nebenan:
Darsteller und weitere
Mitwirkende
"Es ist dieser Perle des Kinos zu wünschen, dass sie einem
breiten Publikum zugänglich wird. Denn in Hinblick auf Kulturmissverständnisse
ist dieser Film auch für Deutsche eine wahre Offenbarung"...
"Es ist dieser Perle des Kinos zu wünschen, dass sie einem
breiten Publikum zugänglich wird. Denn in Hinblick auf Kulturmissverständnisse
ist dieser Film auch für Deutsche eine wahre Offenbarung". (www.cinefacts.de)
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