DisORIENTation:
Zeitgenössische arabische Kunstproduktion aus dem Nahen Osten
Ägypten, Palästina, Libanon, Jordanien, Syrien und Irak
20.03.03 bis 11.05.03
Haus der Kulturen der Welt
presse@hkw.de
Die neue Generation von Künstlern und Intellektuellen im
Nahen Osten steht für einen Paradigmenwechsel. Sie stellt radikale individuelle
Positionen gegen alle Versuche kollektiver Vereinnahmung und setzt sich ebenso
kritisch mit dem Orientbild des Westens auseinander wie mit den
gesellschaftlichen Bedingungen in der Region.
Die neue Kunst ist politische Kunst, eine Kunst, die
moralische Kategorien, politische und religiöse Herrschaftsformen reflektiert.
Während sich arabische Künstler und Intellekt-uelle intensiv mit dem Aufbrechen
des westlichen Orientbildes konfrontieren, leben die stereotypen Zuschreibungen
im Westen fort. Das Programm von DisORIENTation stellt sich ausdrücklich diesem
Aufklärungs-prozess und versucht ein Bild zu entwerfen, das die Vielfalt und
aufregende Aktualität der arabischen Kunst im Nahen Osten auch einem westlichen
Publikum nahe bringt. Dies geschieht nicht nur auf einer theoretischen Ebene,
vielmehr bringen die Projekte selbst auf sinnliche Weise eine veränderte
Perspektive zur Darstellung.
DisORIENTation entsteht in der direkten Kooperation zwischen
Experten und Kultur-insti-tutionen in der Region und dem Haus der Kulturen der
Welt in Berlin. Kurator der Kunst-ausstellung ist Jack Persekian, Gründer und
Direktor der Anadiel Galerie und Direktor der Al-Mamal Foundation for
Contemporary Art in Jerusalem. Das Filmprogramm wird von dem Dokumentar-filmer
Omar Amiralay (Paris/Damaskus/Beirut) verantwortet, der Bereich Perfor-ming Arts
von dem Direktor des Young Arab Theatre Fund (Kairo/Brüssel) Tarek Abou El
Fetouh.
DisORIENTation versucht, einen Bezug zwischen
Berlin/Mitteleuropa und der arabischen Welt herzustellen und den Kontext der
dortigen Kunstproduktion mit allen sozia-len und politischen Implikationen zu
zeigen. Von zentraler Bedeutung ist dabei die Einrichtung von interdisziplinären
Laboratorien mit ausgewählten Künstlern aus der Region, die in Berlin für
DisORIENTation produzieren und in Austausch mit deutschen Künstlern treten.
Haus der Kulturen der Welt, Pressebüro
Christine Regus regus@hkw.de
Petra Stegmann stegmann@hkw.de
DisORIENTation:
Contemporary Arab art from the Middle East
20 March 11 May 2003
Hinweis:
In den vom Hauptstadtkulturfonds geförderten Laboratorien von DisORIENTation
wird in den Bereichen Performing Arts, Bildende Kunst und Musik eine große
Anzahl neuer Projekte produziert und in Diskussionen und Lectures dem Berliner
Publikum Einblick in die Produktionsweisen und Arbeitsbedingungen im Nahen Osten
gegeben: ein neues Forum des Austausches im Rahmen von DisORIENTation.
Bereits vor der Eröffnung von DisORIENTation am 20. März 2003
finden einige dieser Begegnungen öffentlich statt:
Berlinale Talent Campus (Film)
>>> 10.-14. Februar 2003
>>> Haus der Kulturen der Welt
Der Berlinale Talent Campus ist für jungen Filmschaffende aus der ganzen Welt
ein Forum, sich mit etablierten Profis auszutauschen. Omar Amiralay, der Kurator
des Filmprogramms von DisORIENTation, leitet einen Workshop, außerdem nehmen die
beiden jungen Filmemacher Marwan Hamed (Ägypten) und Mona Merhi (Libanon) teil.
"Mapping Sitting (Bildende Kunst)
>>>16. März 2003, 15 Uhr,
>>>Galerie c/o Berlin, Linienstraße 144
Die Foto- und Videokünstler Akram Zaatari und Walid Raad stellen ihre
Fotoinstallation "Mapping Sitting vor.
Videoforum DisORIENTation (Bildende Kunst)
>>>19. März 2003, 19 Uhr,
>>>Neuer Berliner Kunstverein
Die Künstlerinnen Lamia Joreige (Libanon), Jumana Abboud (Palästina) und Jananne
Al-Ani (Irak/ Großbritannien) diskutieren den Umgang mit Fremdbildern in Bezug
auf ihre Herkunftsländer und die Klischees von Frauen in arabischen
Gesellschaften.
Backroom goes Egypt (Musik)
>>>3.-10. März 2003
>>>El-Minya, Ägypten
Ein Musikprojekt unter der künstlerischen Leitung von Jean-Paul Bourelly und
Tarek Abou El Fetouh. Im mittelägyptischen El-Minya eröffnet Ende Februar ein
neues Zentrum für Performing Arts. Als eines der ersten Projekte wird hier für
die Reihe Musik-Reihe Backroom mit Berliner Musikern und vier ägyptischen
Sängern ein Konzert entwickelt, das am 11. und 12. April 2003 im Haus der
Kulturen der Welt zur Aufführung kommt - zusammen mit weiteren Neuproduktionen
aus dem Bereich der Performing Arts.
DisORIENTatin - Filmpreview
Veranstaltungsreihe: DisORIENTation
Das Arabische Gegenwartskino - Filmreihe vom
22. März 11. Mai 2003
Pressevorführung: Mittwoch, 19. Februar 2003 um 11.00 Uhr
Für das Kinoprogramm von DisORIENTation hat Kurator Omar
Amiralay selbst bekannter Regisseur aus Syrien Filme ausgewählt, die für das
unabhängige und innovative Gegenwartskino des Nahen Ostens stehen.
Das Programm besteht aus zwei parallelen, sich ergänzenden
Reihen: Zum einen werden Werke von bereits arrivierten arabischen Filmemachern,
Spielfilmregisseuren und Dokumentarfilmern gezeigt. Zum anderen werden in der
Reihe "Young Arab Cinemas ausgewählte Werke junger Talente vorgeführt, die dem
arabischen Kino neue kreative Impulse geben.
Wir möchten Sie einladen, vier Filme aus dem Programm im Haus der Kulturen der
Welt vorab zu sehen:
11:00 Uhr Terra Incognita
R: Ghassan Salhab, Libanon/ Frankreich 2002
13:15 Uhr Sacrifices
R: Oussama Mohammad, Syrien/ Frankreich 2002
15:30 Uhr Children of Shatila
R: Mai Masri, Palästina/ Großbritannien 1998
Frontiers of Dreams and Fears
R: Mai Masri, Palästina/ USA 2001
Terra Incognita
R: Ghassan Salhab, Libanon/ Frankreich 2002, 120 Min., OmE
Beirut heute, eine Stadt im Wiederaufbau, eine Stadt, deren Antlitz sich täglich
verändert. Die Topografie und Geschichte der Stadt spiegelt sich auch in den
Biografien ihrer Bewohner wider, die der Film skizziert. Während Soraya
Reisegruppen zu den Stätten vergangener Zivilisationen und immer öfter auch zu
den Schauplätzen des Krieges führt, schwankt Leyla zwischen Mystizismus und
einem extremen Nihilismus. Der Architekt Nadim versucht, die Stadt neu zu
erfinden, verlässt aber kaum noch seine Wohnung. Tarek ist erst kürzlich in den
Libanon zurückgekehrt und fragt sich warum. Der Radiojournalist Haïdar
schließlich zieht sich völlig auf seine Beobachterrolle zurück. Keiner von ihnen
traut sich, in die Vergangenheit zu schauen oder gar Projekte für die Zukunft zu
entwerfen.
Sacrifices
R: Oussama Mohammad, Syrien/ Frankreich 2002, 113 Min., OmE
Eine poetische Allegorie über autoritäre, repressive Familienverhältnisse.
Oussama Mohammad beschreibt eine zerrissene Familie: Als ihr Oberhaupt stirbt,
ohne die neugeborenen Enkel offiziell anerkennen zu können, müssen diese eigene
Wege finden, eine stabile Identität aufzubauen. Der erste versucht dies durch
Zurückhaltung und Unterwerfung, der zweite durch Liebe und der dritte durch
Gewalt und Grausamkeit.
"Ich interessiere mich für die Konsequenzen der Macht, erklärt Regisseur
Mohammad. "Wenn jemand von uns Macht über einen anderen erhält, zerstört es
etwas im Anderen und in uns selbst. Macht ist die absoluteste Form der Gewalt.
Das ist selbst in einfachen Familienstrukturen sichtbar.
Children of Shatila
R: Mai Masri, Palästina/ Großbritannien 1998, 50 Min., Beta SP, OmE
Children of Shatila porträtiert beispielhaft anhand der Geschichte der
11-jährigen Farah und der 12-jährigen Issa die niederschmetternde
Lebenswirklichkeit palästinensischer Flüchtlingskinder, die schon früh mit
Massakern, Belagerung und Hungersnöten konfrontiert werden. Erkundet wird aber
auch die Vorstellungswelt der Kinder und wie Träume und Fantasie ihnen helfen,
die traumatisierenden Erfahrungen in ihrem Alltag zu verarbeiten.
Frontiers of Dreams and Fears
R: Mai Masri, Palästina/ USA 2001, 56 Min., Beta SP, OmE
Frontiers of Dreams and Fears, das jüngste Werk Masris, wurde von dem Wunsch
inspiriert, den Lebensweg der in Children of Shatila vorgestellten Kindern
weiter zu verfolgen. "Ich wollte einen zweiten Film machen, um zu sehen, wie
sich ihr Leben verändert hat und was mit ihren Träumen geschehen ist, sagt
Masri. Der Film konzentriert sich auf Mona und Manar, die es trotz der Grenze
zwischen Israel und dem Libanon schaffen, Freundinnen zu werden. Als um sie
herum die Intifada ausbricht, sehen sich die beiden Mädchen plötzlich mit
tragischen Veränderungen konfrontiert. |